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29. Mai 2007
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist grundsätzlich zu begrüßen, wenn die Stiftungskultur in Hessen mehr in den öffentlichen Blickwinkel gerückt wird und aus dem verstaubten Image wohltätiger Landesfürsten, die je nach Gusto einmal etwas Gutes fürs Volk tun wollen, herauskommt. Stiftungen haben ihren Platz im öffentlichen Leben und sollten daher auch mit modernen Medien einsehbar sein und nach einheitlichem Muster geführt werden. So weit gibt es überhaupt keinen Widerspruch zum Ansinnen der Landesregierung. Allerdings gibt es nach meiner Auffassung einige Passagen in dem Gesetz, die noch nachgearbeitet werden müssten, wofür wir auch im Ausschuss noch werben wollen.
Sie lassen sich die Einführung des neuen Rechts eine Stange Geld kosten. Die Einführung des einheitlichen Portals soll 100.000 Euro kosten. Die Pflege ist mit 50.000 Euro jährlich veranschlagt. Vor diesem Hintergrund ist es mir eigentlich nicht verständlich, warum Sie das Angebot der Kirchen nicht aufgegriffen haben, dass dort, wo Kirchen bereits Stifterverzeichnisse führen, einfach eine Verlinkung vorgenommen wird und man auf diese Weise Doppelarbeiten vermeidet. Sie sind doch eigentlich immer dabei, wenn es heißt: Wir wollen Strukturen verschlanken und keine Doppelarbeiten vornehmen. – Ich verstehe an diesem Punkt nicht, warum man hier nicht gemeinsam arbeitet und auf bestehende Verzeichnisse aufbaut.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe es eben schon einmal gesagt: Es gibt eine Reihe von Punkten, die ich aufgreifen könnte. Ich möchte mich in dieser ersten Lesung auf einen Punkt beschränken, der mir wichtig ist:
Die Neufassung des § 12 scheint mir nicht hinreichend durchdacht zu sein. In § 12 geht es um die Prüfpflicht, die Sie, Herr Minister, auch schon angesprochen haben. Bisher war es so, dass die Aufsichtsbehörden über Umfang und Tiefe der Prüfpflichten nach eigenem Ermessen entschieden haben. Es ging sicherlich danach, wie groß die Stiftung ist und was an Vermögen verwaltet wird.
Jetzt legen Sie fest, dass die Aufsichtsbehörde in jedem Fall prüfen muss. Eine vergleichbare Prüfpflicht gibt es schon in Bayern. In Bayern gibt es einen Personalschlüssel, nach dem jeweils ein Mitarbeiter des gehobenen Dienstes für 170 Stiftungen bei den Aufsichtsbehörden zuständig ist. Zum Vergleich: Die Stadt Frankfurt hat ungefähr 470 Stiftungen zu verwalten. Man kann sich unschwer ausrechnen, wie viel Personalbedarf wir da haben. Im Moment gibt es dieses Personal bei den Städten aber nicht.
(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Wer sagt denn, dass der bayrische nötig ist?)
Herr Minister, Sie haben auch gesagt, dass die Zahl der kleineren und der Bürgerstiftungen erfreulicherweise wächst. Das ist ein positives Zeichen. Aber wenn wir verlangen, dass Aufsichtsbehörden Arbeit machen, müssen wir ihnen auch die Kosten für das Personal zuweisen – ein klassischer Fall von Konnexität, der in diesem Gesetzentwurf meines Erachtens nicht hinreichend berücksichtigt ist.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Möglicherweise als Gegengewicht dazu ermöglichen Sie es den Aufsichtsbehörden, die Stiftungen dazu zu verpflichten, den Abschluss von einem Wirtschaftsprüfer prüfen zu lassen.
(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))
Sie haben gesagt, wenn ein Wirtschaftsprüfer geprüft habe, solle die Behörde nicht noch einmal nachprüfen. Das kann man so sehen. Aber wenn die Behörde sich dann entlasten will und sagt: "Jetzt müsst ihr euch durch einen Wirtschaftsprüfer prüfen lassen", dann frage ich: Wie sollen das die kleinen Stiftungen leisten?
Ich selbst bin – gemeinsam mit dem Vizepräsidenten – Stifterin einer kleinen Bürgerstiftung, der Bürgerstiftung Werra-Meißner.
(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Aha!)
Wir haben ein Stiftungskapital von 70.000 Euro, auf das wir stolz sind und das wir bei Stifterinnen und Stiftern im Werra-Meißner-Kreis mühsam zusammengetragen haben.
(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Das ist schon mehr als die Karry-Stiftung!)
Wenn nun die Aufsichtsbehörde aus dem Reflex, sich selbst zu entlasten, dieser kleinen Stiftung vorgibt, sie möge bitte ihren Abschluss durch einen Wirtschaftsprüfer prüfen lassen, geht doch die Hitze mit dem Rauch auf. Was wir an Wohltätigem in der Region ausschütten wollten, müssen wir dann in die Kasse eines Wirtschaftsprüfers tragen. Ich glaube, an diesem Punkt müssten wir noch einmal nachschauen, ob das wirklich so gemeint ist. Daher meine Bitte: Überprüfen Sie § 12 noch einmal, und lassen Sie uns darüber sprechen, ob wir das wirklich in dieser Tiefe haben wollen, wie Sie es hier ausgeführt haben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Lothar Quanz:
Danke sehr, Frau Erfurth.
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