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Sigrid Erfurth zum Hessischen Kommunalwahlgesetz

31. Mai 2007

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die unbestreitbare Tatsache, dass die Wahlbeteiligung in den letzten Jahren immer mehr zurückgegangen ist, hat uns hier schon des Öfteren beschäftigt. Dann haben wir uns mit mehr oder weniger tauglichen Rezepten auseinandergesetzt und uns gefragt, was denn nun das Richtige sei.

Die FDP hat jetzt vorgeschlagen – Herr Hahn, Sie haben die Vorschläge vorgestellt –, auf der Ebene des Wahlrechts anzusetzen. Sie haben Vorschläge aufgegriffen, die auch wir GRÜNE schon des Öfteren in die Debatte geworden haben. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass wir uns mit einem Teil Ihrer Vorschläge, nachdem wir sie noch einmal gegeneinander abgewogen und durchdacht haben, durchaus einverstanden erklären.

Klar geworden ist aber – das möchte ich an dieser Stelle noch einmal sagen, auch in Richtung der FDP –, dass das Vorschlagspaket, das Sie jetzt vorgestellt haben, nicht dazu beitragen wird, das Problem mit der Wahlbeteilung in Gänze zu lösen. Das ist der Versuch, ein bisschen an Symptomen herumzukurieren und etwas Salbe auf ein angeschlagenes Knie aufzutragen. Aber es ist keine wirksame Stütze für einen doch etwas lahm gewordenen Bewegungsapparat.

Denn wenn wir mehr Menschen an die Politik heranführen und mehr Menschen in politische Zusammenhänge einbinden wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass Politik bürgerfreundlicher und bürgernaher wird. Dann müssen wir dafür sorgen, dass unsere Veranstaltungen mit eingeschworenen Ritualen für Menschen, die ein bisschen unbedarft da hinkommen, durchschaubar werden und sich erschließen. Ich finde, da müssen wir an uns arbeiten. Das fängt bei bürgernahen Gemeindevertretersitzungen oder Kreistagssitzungen an. Das liegt außerhalb der Regelungskompetenz des Landtages. Das können Kreistage, Gemeindevertretungen und Stadtverordnetenversammlungen von sich aus machen. Da appelliere ich durchaus auch an die beiden großen Parteien. Denn sie haben in der Regel die Gestaltungsmehrheit in den Kommunalparlamenten, und sie könnten ein bisschen daran mitwirken, dass auch hier mehr Transparenz und Bürgerfreundlichkeit einzieht.

 (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das endet für mich aber auch hier im Landtag auf der Ebene der HGO. Wir haben es in der Hand, Instrumente wie Bürgeranträge oder Fragerechte in der HGO zu verankern. Wir könnten es zulassen, dass die Bürgerinnen und Bürger auch in ihren Kommunen wieder mehr mitwirken können, damit Politik für sie vor Ort wahrnehmbar und erfahrbar wird.

Herr Hahn, Sie haben es noch einmal in allen Einzelheiten vorgestellt. Sie schlagen Instrumente vor, die sich unterhalb dieser Mitwirkungs- und Mitbeteiligungsrechte bewegen, unterhalb dessen, was ich hier eben vorgestellt habe.

Ich habe auch schon gesagt, dass wir GRÜNE schon früher darüber nachgedacht haben, wie wir das auf der Ebene des Wahlverfahrens regeln können. Hinsichtlich der Übersendung der Stimmzettel nach Hause sind wir mit Ihnen einer Meinung. Das machen schon die Baden-Württemberger. Das sollte auch in Hessen möglich sein.

Die sogenannten Scheinkandidaturen sind auch für uns ein Ärgernis. Auch der Landeswahlleiter hat in seiner Stellungnahme gesagt, hier bestände durchaus der Bedarf, an dem Punkt nachzujustieren, weil hier die sogenannten Selbstheilungskräfte der Öffentlichkeit ihre Wirkung nicht so entfaltet haben, wie man es gerne gehabt hätte. Allerdings hat er auch gesagt, dass die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das von der FDP gewählte Verfahren nicht ganz ausgeräumt seien. Man müsse darüber noch einmal nachdenken. Wir denken aber, dass man hier einen Punkt setzen und sagen muss: Wir müssen darüber nachdenken. Da würden wir gemeinsam mit Ihnen ein deutliches Signal des Gesetzgebers gegen die Scheinkandidaturen setzen wollen.

Ich komme nun zu dem Punkt Onlinewahlen oder Wahlen durch elektronische Medien. Ich gebe zu, am Anfang der Debatte habe ich durchaus gesagt: "Ja, Onlinewahlen ist etwas, was man machen und auch zulassen sollte." Aber mit der Durchsicht der Anhörungsunterlagen und in der mündlichen Anhörung sind meine Bedenken immer weiter gewachsen. Die Probleme bei der Umsetzung der allgemeinen Wahlgrundsätze, der Öffentlichkeit des Wahlverfahrens, der Öffentlichkeit der Auszählung und die Fragen hinsichtlich der Sicherheit und des allgemeinen Zugangs haben mich dann doch zu der Überlegung gebracht, dass es nicht so ganz geklärt ist, wie man Onlinewahlen durchführen kann. Herr Hahn, das haben auch Sie so gesehen. Daher findet Ihr Ansatz, den Sie in Ihrem Änderungsantrag eingebracht haben, zunächst mit einer Art Experimentierklausel zu gucken, ob man in den Gemeinden Erfahrungen sammeln kann und wie das insgesamt bearbeitet wird, unsere Zustimmung. Das kann ein sinnvoller Weg sein.

Wo wir uns aber auf keinen Fall mit Ihnen überein erklären können, ist Ihr Vorschlag, dass wir den Stimmzettel nun noch größer machen und dann den Wahlkampf sozusagen dadurch fortsetzen, dass wir auf dem Stimmzettel auch noch werbewirksam Titel und sonstige Dinge platzieren. Das ist ein Weg, den wir nicht mitgehen wollen.

In der Gesamtschau kann ich sagen: Ihr Gesetzentwurf ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber noch nicht so ganz. Wir werden ihn deshalb nicht ablehnen, aber uns an dem Punkt enthalten. – Ich danke Ihnen.

 (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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